Die Entmachtung der Versicherten

(C) Karl Berger
(C) Karl Berger

Unter dem Deckmantel der Krankenkassenfusion betreibt die Bundesregierung die Entmachtung der Versicherten. Es drohen Selbstbehalte und eine Ausdünnung von Kassenarztstellen, was zu noch viel längeren Wartezeiten und noch viel weiteren Wegstrecken führt als bisher. Wer es sich leisten kann wird sich eine private Zusatz-krankenversicherung zulegen. Die Zwei-Klassen-Medizin lässt Grüßen. Doch wo bleibt der Aufschrei? In der öffentlichen Diskussion kommen die Folgen dieser Entmachtung nicht vor! Eine Schwäche der (außer-) parlamentarischen Opposition und der etablierten Medien. Was tun? Aufklären! ...

Eine Erschütterung der Macht

Bis jetzt bestehen die Versammlungen und Vorstände der Gebietskrankenkassen zu vier Fünftel aus Versichertenvertretern, die über die Arbeiterkammer bestellt werden. Das verbleibende Fünftel setzt sich aus Vertretern der Wirtschaftskammer zusammen. Nach der Reform stellen Arbeiter- und Wirtschaftkammer jeweils die Hälfte des Verwaltungsrates der neugegründeten Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK). Zusätzlich bekommt das Sozialministerium ein Weisungsrecht gegenüber der ÖGK. Selbstverwaltung der Versicherten sieht anders aus!

Was ist da jetzt das Problem? Der Geldadel nimmt die Hälfte der Verwaltungsratssitze ein und so kann kein Beschluss mehr gegen deren Interessen gefasst werden. Und mit den beiden Bundeskommissaren hat die Bundesregierung ein mehrheitsausschlagebendes Stimmrecht. Mit der öffentlichen Dominanz des Neoliberalismus im Rücken können sich aktuelle Regierung und Geldadel der öffentlichen Zustimmung ihrer Maßnahmen sicher sein (Stichwort "Alternativlos"). Die Versicherten sind also faktisch entmachtet.

Mehr Profite für den Geldadel und mehr Kosten für die Versicherten

Was sind die Folgen? Der Geldadel verfolgt zwei Ziele: Erstens, die Kosten des Gesundheitswesens auf die Versichterten abwälzen und zweitens, die privaten Krankenversicherungen fördern. Mit Selbstbehalten auf der einen Seite lassen sich die sogenannten Dienstgeberbeiträge auf der anderen Seite senken (Stichwort "Senkung der Lohnnebenkosten"). Mehr Profit für den Geldadel und die Versicherten dürfen die Zeche zahlen. Das Ende der Fahnenstange ist das freilich noch nicht - Ambulanzgebühren und andere Zusatzgebühren drohen genauso. 

Mit dem Kürzen oder Einfrieren der Honorare und anderen Sparmaßnahmen wird sich die Anzahl der Kassenärzte verringern. Die Folgen für die Versicherten sind viel längere Wege, noch längere Wartezeiten und noch längeres Warten auf Arzttermine als bisher. Diejenigen, die es sich leisten können, werden um eine private Zusatzkrankenversicherung nicht herumkommen. Die Anderen werden mit den Folgen leben müssen oder sie werden die Privatarzt-Honorare aus eigener Tasche bezahlen müssen. Das Einkommen wird noch mehr über die Gesundheit entscheiden als bisher - mehr Zwei-Klassen-Medizin für alle!

Was tun? Widerstand durch Informieren!

Wegen dieser gemeinwohlfeindlichen Folgen durch die Entmachtung der Versicherten ist diese Krankenkassenreform abzulehnen! Die Chancen für eine Verfassungsklage stehen gut, da viele Punkte die verfassungsgarantierte Selbstverwaltung einschränken. Wir als Versicherten müssen alle Chancen und Mittel nutzen um unsere Entmachtung zu verhindern! Wenn uns das nicht gelingt, dann müssen wir die gemeinwohlfeindliche Reform so schnell wie möglich rückgängig zu machen! Doch wie? Die Eingeweihten müssen die anderen Versicherten aufklären wie sich die Reform auf sie auswirkt. Nur so kann der Widerstand entstehen den wir brauchen um die Regierung davon abzuhalten den Weg zur Zwei-Klassen-Medizin weiter zu gehen und die Regierung dazu zu zwingen ihre gemeinwohlfeindliche Reformen zurück zu nehmen!

Weiterführende Links:

Kontrast-Artikel zur Krankenkassenreform: https://kontrast.at/krankenkassenreform-oesterreich/

Kontrast-Artikel zur Gefahr von Selbstbehalten: https://kontrast.at/krankenkassen-reform/

derFunke-Artikel zur Krankenkassenreform: https://derfunke.at/aktuelles/oesterreich/10898-buergerliche-haende-weg-von-der-sozialversicherung

derFunke-Artikel zur Patientenmilliarde und anderen Regierungslügen: https://derfunke.at/aktuelles/oesterreich/10985-die-patientenmilliarde-und-andere-regierungsluegen

Der Standard-Artikel über weitere Projekte der neoliberealen Regierung: https://derstandard.at/2000090024276/Welche-heiklen-Punkte-Tuerkis-Blau-bei-der-Kassenreform-ausgespart-hat

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Kommentare: 1
  • #1

    unbekannt (Montag, 01 April 2019 19:51)

    Ganz schön rote Brillen haben Sie da auf

    Es drohen Selbstbehalte ---> gibt es schon
    und eine Ausdünnung von Kassenarztstellen, was zu noch viel längeren Wartezeiten
    --> gibt es ebenfalls schon. Wartezeiten in manchen Gebieten bei Fachärzten Monate

    Was ist da jetzt das Problem? Der Geldadel nimmt die Hälfte der Verwaltungsratssitze ein und so kann kein Beschluss mehr gegen deren Interessen gefasst werden

    Sorry aber Geldadel? Unternehmer sind nicht immer Konzerne sondern EPUs,und KMUs größtenteils in Österreich. Auch die Beitragszahlungen der Unternehmer sind HÖHER als die der Arbeitnehmer. Warum soll also der Unternehmer obowhl er mehr zahlt weniger zu reden haben?
    https://www.sgkk.at/cdscontent/?contentid=10007.708475&viewmode=content

    Die zwei Klassen Medizin gibt es schon seit Jahrzehnten (durchaus von der SPÖ geduldet), da es unterschiedliche und bessere Leistungen zwischen den Trägern gibt.