Löhne und Produktivität in der digitalen Welt

"Globalisierung und Digitalisierung bedrohen unsere Arbeitsplätze!" hört man von überall, aber ist es wirklich so? Für Prof. Dr. Heiner Flassbeck ist dieses Mantra nur eine Ausrede für eine falsche Wirtschaftspolitik, welche die Wohlstandsgesellschaften ruinieren. Bei einem Vortrag in Innsbruck entlarvte er das Mantra als Mythos und zeigte eine Wirtschaftspolitik auf, die Armut und Arbeitslosigkeit überwindet. Wie? Das lest ihr hier ...

Globaliserung und Digitalisierung sind moderne Begriffe für ein uraltes wirtschaftliches Phänomen - den sogannten Strukturwandel. Die Hauptursachen für diesen Wandel sind technologische Neuerungen und Änderungen im Kaufverhalten. Der Strukturwandel ist so alt wie die Wirtschaft selbst und beschleunigte sich seit der Industriellen Revolution - dennoch herrscht keine Massenarbeitslosigkeit. Wieso ist das so? Der Strukturwandel zerstört zwar Berufe, aber die Arbeit bleibt bestehen. Ein Beispiel: Vor 150 Jahren arbeiteten 60% der ÖsterreicherInnen in der Landwirtschaft und heute produzieren weniger als 7% der Bevölkerung mehr Lebensmittel als damals. Und davon absgesehen sind heute nicht 53% der ÖsterreicherInnen arbeitslos. Dieser Vox-Beitrag arbeitet diesen Punkt gut heraus:

Nicht der Strukturwandel verursacht Arbeitslosigkeit, sondern eine falsche Wirtschaftspolitik. Doch wie sieht eine richtige Wirtschaftspolitik aus?  Eine richtige Wirtschaftspolitik erkennt man an Vollbeschäftigung und weitverbreitetem Wohlstand. Um diese lohnenswerten Ziele zu erreichen spielt der Staat eine Schüsselrolle als Investor mit einer nachfrageorientierten Wirtschaftspolitik. Konkret bedeutet das ein Bauprogramm für die Infrastruktur, höhere Mindestlöhne und höhere Unternehmenssteuern um die Beschäftigung und die Kaufkraft zu erhöhen. Steigt die Kaufkraft, dann steigen die Einnahmen der Unternehmen und dann sinkt die Arbeitslosigkeit. Mit einer geringen Arbeitslosigkeit steigt die Verhandlungsmacht der Gewerkschaften und damit lassen sich höhrere Löhne durchsetzen.

Folgen die Lohnzuwächse der "Goldenen Lohnregel", dann sorgen sie für Wohlstand und Vollbeschäftigung. Die Goldene Lohnregel ähnelt stark der Benya-Formel und besagt, dass sich die jährlichen Lohnzuwächse aus dem landesdurchschnittlichen Stundenlohn plus den landesdurchschnittlichen, über mehrere Jahre gemittelten Produktivitätszuwächsen und der Zielinflationsrate der Zentralbank ergeben.

Schlussendlich ist es so einfach und doch ganz schwierig, denn der Fiskalpakt (Schuldenbremse) und der Euro-Stabilitätspakt (Verschuldungsgrenze) sind die Hindernisse einer solchen nachfrageorientierten Wirtschaftspolitik. Als ersten Schritt müssen die Regierungen der EU-Mitgliedsstaaten diese Pakte aufkündigen oder mit einem riesigen Invesititionsfonds umgehen. Als nächsten Schritt können alle Regierungen der EU-Mitgliedsstaaten eine nachfrageorientierte Wirtschaftspolitik umsetzen.

Die österreichische Wirtschaft vollzog in den letzten 100 Jahren einen massiven Strukturwandel von einem Agrarstaat (1934) zu einem Industrieland (1971) und später zu einer Dienstleistungsgesellschaft (1991):

Der technologische Strukturwandel steigert die Produktivität und vernichtet Berufe und schafft neue Berufe in diesem Bereich, aber das ist nur die halbe Wahrheit. Die sinkenden Preise erhöht die Nachfrage in anderen Branchen:

Diagramm aus VOX-Video "Shift Change: Why the rise of robots won't mean the end of work"

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